Seit der Wende 1989/90 versucht die katholische Kirche, die Macht, die sie früher im Untergrund hatte, in der neuen Regierung auszuüben. Eine wichtige Rolle spielte auch der polnische Papst, Karol Wojtyla, Johannes Paul II., der seit seinem Amtsantritt 1979 den Polen Rückhalt gegeben hat und auch an den Veränderungen in Ost- und Ostmitteleuropa Anteil hatte. Sein Tod am 2. April 2005 rief großes Bestürzen und tiefe Trauer hervor. Als die Wahl von Kardinal Joseph Ratzinger zum Papst bekannt gegeben wurde, war man erst verwirrt. Wie, ausgerechnet ein Deutscher? Daher war sein Besuch im Mai 2006 in Polen gut durchdacht und führte zu größerer Akzeptanz bei den polnischen Katholiken.
Offiziell sind 90 % der Bevölkerung katholisch, doch gerade die Jugendlichen wenden sich immer mehr von der Kirche und ihren Vorstellungen von Moral, Verhütung und Abtreibung ab. Die Teilnahme am Religionsunterricht ist freiwillig, es gibt Ethik als Ersatzfach, was von der Kirche heftig verurteilt wird. Ebenso wie die Einführung des Schulfachs „Sexualerziehung“ 1996, das nach Intervention der Kirche nur „entschärft“ unterrichtet wird.
Neben der überwältigend hohen Anzahl an Katholiken im Land gibt es nur wenige andere nennenswerte Religionsgemeinschaften in Polen. Dazu zählen die etwa 270.000 Protestanten sowie die etwa 570.000 Polnisch-Orthodoxen, die 80.000 Altkatholiken und die 6.000 Juden. Seit der politischen Wende wachsen die jüdischen Gemeinden wieder an, mehr und mehr Menschen bekennen sich wieder zu ihrem jüdischen Glauben. In Warschau gibt es jetzt einen jüdischen Kindergarten und eine jüdische Schule. Freikirchen wie Anglikaner, Baptisten oder Pfingstler sowie Adventisten und Zeugen Jehovas gibt es auch.
Verschiedene Sekten wirken vor allem in den Großstädten. In Krakau und Warschau gibt es englischsprachige Gemeinden. In Krakau finden katholische Messen in deutscher Sprache in der St. Barbara-Kirche neben der Marienkirche statt. Evangelische Gottesdienste in polnischer Sprache werden in St. Martin in der ul. Grodzka gehalten.
Heiraten in Polen bzw. mit polnischem Partner
1998 wurde ein Konkordat mit dem Vatikan geschlossen, das es ermöglicht, sich unter Auslassung des Standesamts nur kirchlich trauen zu lassen. Wer kirchlich heiraten will, muss einen „Heiratskurs“ beim Pfarrer absolvieren und nachweisen, dass beide Partner getauft und gefirmt sind sowie lückenlos am Religionsunterricht teilgenommen haben. Wenn einer der beiden Heiratswilligen nicht-polnischer Staatsbürger ist, ist eine Eheschließung ohne das Standesamt nicht möglich.
Wenn Sie einen polnischen Partner oder eine polnische Partnerin heiraten wollen, fangen Sie rechtzeitig mit den Vorbereitungen an. Planen Sie langfristig, besorgen Sie die entsprechenden Unterlagen, Dokumente und beglaubigten Übersetzungen.
Dokumente für die Heirat in Polen
Beim sog. Ehefähigkeitszeugnis, das notwendig ist, um einen ausländischen Partner zu heiraten, ist zu beachten, dass diese Bescheinigung nicht älter als 3 Monate sein darf. Hiermit wird nachgewiesen, dass der Partner ledig, verwitwet oder rechtskräftig geschieden ist. Die Bescheinigung stellt das heimatliche Standesamt oder die zuständige Botschaft aus. Im Falle von Scheidung oder Tod des vorherigen Ehepartners sind alle diesbezüglichen Dokumente beglaubigt zu übersetzen. Ist einer der Partner der Amtssprache nicht mächtig, ist sowohl in Deutschland als auch in Polen ein vereidigter Dolmetscher hinzuzuziehen. Aktuelle und ausführliche Informationen erhalten Sie beim Auswärtigen Amt oder bei der zuständigen Botschaft.
Für die kirchliche Trauung in Polen kann es sein, dass Sie weitere Nachweise erbringen müssen. Hier ist es in der katholischen Kirche notwendig, dass Sie vor der Trauung einen „Brautunterricht“ absolvieren. Wenn Sie nicht in Ihrer zuständigen Kirchengemeinde heiraten möchten, brauchen Sie die Zustimmung des Pfarrers. Wenn Sie gemischtkonfessionell heiraten wollen, sollten Sie sich auch rechtzeitig informieren.
Die Hochzeitsfeier in Polen (Wesele) ist sehr aufwendig, und auch hier lohnt sich die langfristige Vorbereitung. 50 bis 100 Gäste sind eine normale Größenordnung, die Feier dauert mindestens bis fünf Uhr morgens.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus Leben und Arbeiten in Polen. Klicken Sie hier, um ein Exemplar zu bestellen.