Die Familie spielt in Polen eine größere Rolle als in Deutschland. Oft wohnen (auch aus Gründen der Wohnungsbaupolitik) mehrere Generationen unter einem Dach. Kinder bleiben manchmal bis zur Heirat im Haushalt der Eltern und gehen auch zum Studium nur in die nächstgrößere Stadt, so dass sie das Wochenende zu Hause verbringen können.
Es wird erwartet, dass die Familie zusammenhält und meist auch alle Mahlzeiten zusammen einnimmt. Am Sonntag gehören der Kirchgang und das gemeinsame Essen dazu. Weihnachten und religiöse Feiertage (vor allem Allerheiligen mit dem Besuch der Gräber) sind absolute Pflichtveranstaltungen für alle Familienmitglieder. Wichtig sind auch Geburts- und Namenstage.
Die meisten Familien in Polen leben in sehr beengten räumlichen Verhältnissen, meist in Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen in Hochhaussiedlungen. Die Kinder müssen sich oft ein Zimmer teilen, oder ein weiterer Verwandter schläft nachts in dem Raum, der tagsüber als Wohn- und Aufenthaltsraum genutzt wird.
Mittlerweile gibt es mehr und mehr Familien, die es sich leisten können, ein kleines Haus am Stadtrand oder auf dem Land zu bauen. Auch hier ist es üblich, dass neben Eltern und Kindern auch die Großeltern oder andere Verwandte mit im Haus oder in der Wohnung leben. Da meist beide Eltern berufstätig sind, hat dies den Vorteil, dass die Kinder betreut werden können.
Obwohl sich jede polnische Frau als emanzipiert bezeichnet und dies im Berufsleben weitgehend ist (abgesehen von geringerer Bezahlung), ist die Rollenverteilung im Haushalt eher traditionell. Die Hausarbeit wird also von der Ehefrau und Mutter erledigt, wenn sich nicht eine weibliche Verwandte darum kümmert.
Kinder werden mit einbezogen, aber auch hier eher die Töchter als die Söhne. Die Kinder müssen schon frühzeitig Verantwortung übernehmen. Es wird erwartet, dass sie sich um die jüngeren Geschwister kümmern, solange die Eltern arbeiten. Oft müssen sie auch selbst kochen oder einkaufen. Hauptaufgabe der Kinder ist es jedoch, für die Schule zu lernen, was oft mehrere Stunden am Tag in Anspruch nehmen kann. Viele Eltern verausgaben sich finanziell, um ihren Kindern private Englisch-Stunden, Sportaktivitäten oder andere Kurse zu ermöglichen.
Freizeitgestaltung
In den Städten gibt es immer mehr Möglichkeiten, Freizeitaktivitäten zu entwickeln: Kinos, riesige Einkaufszentren mit umfangreichem Angebot, Spaßbäder, Fitnesszentren. Ein Vereinswesen wie in Deutschland gibt es nicht, obwohl es auch verschiedene Vereinigungen und Interessenverbände gibt. Für Kinder wird vieles über die Schulen angeboten: kostenpflichtige oder kostenlose Zusatzangebote wie Sportgruppen, Musikunterricht, Arbeitsgemeinschaften. Außerdem finden sich überall private Sprachschulen sowie private und staatliche Musikschulen.
Shopping
Die Ladenöffnungszeiten in Polen sind sehr liberal. Lebensmittelläden an jeder Ecke (sklepik) haben meist von 6 bis 20 Uhr geöffnet, auch an Sonn- und Feiertagen. Das gleiche gilt für Bäckereien, Fleischereien und Gemüseläden. Die großen Supermärkte, Hypermärkte genannt, wie TESCO, Auchan, Carrefour und viele Einkaufszentren (Centrum Handlowe) haben 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche geöffnet.
Die kleinen grünen Kioske der Kette RUCH sind ein wahres Kleinod. Neben Zeitungen und Zeitschriften findet man hier von Streichhölzern bis zum Weichspüler auch vieles für den alltäglichen Bedarf. In den Hypermärkten, Einkaufspassagen und Einkaufszentren finden Sie alles, was das Herz begehrt: von Lebensmitteln, Spezialitäten über Apotheke und Schlüsseldienst bis hin zur exklusiven Boutique.
Der Kirche ist die Feiertagsöffnung ein Dorn im Auge. Deshalb wurde im Jahre 2008 die Öffnung an Feiertagen wie Fronleichnam oder Allerheiligen untersagt. Aber auch gläubige Katholiken hält das nicht davon ab, auch an Sonntagen einzukaufen. Fast wie ein sonntäglicher Familienausflug ist es üblich, nach dem Besuch der Heiligen Messe das nächste Einkaufszentrum zum Bummeln aufzusuchen, das auch für Kinder viele Attraktionen bietet. Aber eigentlich findet sich immer ein geöffnetes Geschäft. Die einzige Ausnahme war die Woche nach dem Tode von Papst Johannes Paul II. am 2. April 2005. Da schlossen selbst die Hypermärkte aus Pietätsgründen.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus Leben und Arbeiten in Polen. Klicken Sie hier, um ein Exemplar zu bestellen.