Leben und Arbeiten in den Niederlanden

Versicherungen, Arbeitssuche und Arbeitsalltag

Als unmittelbares Nachbarland erfreuen sich die Niederlanden bei den Deutschen als Arbeitsstätte großer Beliebtheit. Wer in „Oranje“ arbeiten möchte, hat es aufgrund des EU-Freizügigkeitsabkommens nicht schwer. Um erfolgreich zu sein, sollte man aber mehr von den Niederlanden kennen, als nur Käse und Tulpen.

Qualifizierte Arbeitskräfte und Hochschulabsolventen sind in den Niederlanden gern gesehene Arbeitnehmer. Laut dem Jobportal Stepstone suchen insbesondere das Hotel- und Gaststättengewerbe, die Bauindustrie, das Gesundheitswesen und der Bildungsbereich Personal. Die Niederländer haben eine traditionelle kaufmännische Kultur und beherrschen deshalb fast alle sehr gutes Englisch. Die niederländische Sprache zumindest rudimentär zu können, ist dennoch für jeden Neuankömmling empfehlenswert, wenn der Start reibungslos verlaufen soll.

Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis

Eine Arbeitserlaubnis oder Aufenthaltserlaubnis ist für EU-Bürger zunächst nicht erforderlich. Nur wer seinen Wohnsitz dorthin verlagern will, muss sich einerseits bei der niederländischen Fremdenpolizei registrieren lassen und andererseits spätestens drei Monate nach der Ankunft um eine Aufenthaltserlaubnis kümmern. Voraussetzung dafür sind der Nachweis des Arbeitgebers über das Beschäftigungsverhältnis beziehungsweise die Bescheinigung über ein selbstständiges Gewerbe sowie die Meldebescheinigung. Vor Antritt des Arbeitsverhältnisses sollten Arbeitnehmer beim Finanzamt die so genannte sofi-Nummer (vergleichbar mit der deutschen Sozialversicherungsnummer) beantragen, denn diese ist für alle Steuer- und Sozialversicherungsfragen von Bedeutung.

Sozialversicherungspflicht in den Niederlanden

Wichtig: Wer in den Niederlanden seinen Wohnsitz hat oder einer Arbeit nachgeht, ist grundsätzlich auch dort sozialversicherungspflichtig. Die Sozialversicherung wird in den Niederlanden zum einen in den Volksversicherungen für die Bereiche Rentenversicherung und Kindergeld und zum anderen in den Arbeitnehmerversicherungen für die Bereiche Kranken-, Arbeitslosen- und Krankengeldversicherung durchgeführt. In der Folge sind deutsche Arbeitnehmer in den Niederlanden sowohl in den Arbeitnehmerversicherungen als auch in den Volksversicherungen pflichtversichert. Die Beiträge zur Arbeitnehmerversicherung werden von dem zuständigen niederländischen Finanzamt erhoben, an das sich Selbstständige direkt wenden müssen. Die Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt bei Angestellten in der Regel durch den Arbeitgeber. Altersrente können in den Niederlande lebende Deutsche frühestens ab dem 65. Lebensjahr beziehen. Wer im Ruhestand sowohl aus Deutschland als auch aus dem niederländischen Nachbarland eine Rente bezieht, muss diese glücklicherweise nicht zwangsläufig bei allen beteiligten Versicherungsträgern beantragen. Ein einmal gestellter Antrag gilt automatisch für alle Träger.

Beitragsprozentsätze zum 1. Januar 2014

Sozialversicherung

Arbeitnehmerbeitrag

    Arbeitgeberbeitrag

Arbeitslosenversicherung (WW) für Arbeitnehmer

beitragsfrei

2,15 %

Allgemeines Gesetz über besondere Krankheitskosten (AWBZ)

12,65 %

beitragsfrei

Allgemeines Altersgesetz (AOW)

17,9 %

beitragsfrei

Allgemeines Hinterbliebenengesetz (Anw)

0,6 %

beitragsfrei

gesetzliche Krankenversicherung (Zvw)

7,5 %*

beitragsfrei

Kindergeld

beitragsfrei

beitragsfrei

Krankengeldgesetz

beitragsfrei

beitragsfrei

Erwerbsminderung (WAO/WIA)

Grundbeitrag 4,95%

Quelle: Sociale Verzekeringsbank (SVB)

* Den Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung behält Ihr Arbeitgeber von Ihrem Lohn ein. Er ist jedoch verpflichtet, diesen Beitrag zu erstatten und erhöht daher Ihren Bruttolohn um den entsprechenden Satz. Sie zahlen Ihrer Versicherung selbst noch einen separaten Beitrag. Dies ist der so genannte "nominale Beitrag".

Versicherungspflicht auch für Grenzpendler

Übrigens gilt seit 2006 ebenso für Grenzpendler (also beispielsweise Deutsche, die in Deutschland leben, aber beruflich in die Niederlande pendeln) die niederländische Krankenversicherungspflicht. Auch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge müssen Grenzpendler dann in das dortige System einzahlen.

Wer mit seinen Kindern nach Holland (wie der Volksmund das Land oft nennt) zieht, hat tatsächlich Anspruch auf Kindergeld. Voraussetzung ist, dass man als Elternteil das gesetzliche rentenpflichtige Alter noch nicht erreicht hat und für ein unverheiratetes, eigenes Kind, Adoptiv-, Pflege beziehungsweise Stiefkind unter 18 Jahren sorgt. Ausführliche Informationen über das Sozialversicherungssystem in den Niederlanden erhalten Interessierte in einer entsprechenden Broschüre  der Deutschen Rentenversicherung.

Viele Jobs über Zeitarbeitsfirmen

Jobs finden Auswanderer besonders gut über niederländische Zeitarbeitsfirmen. Um solche Leiharbeitsgesellschaften auf Seriosität zu prüfen, empfiehlt es sich, zu schauen, ob eine solche Agentur im niederländischen Handelsregister eingetragen ist. Seit 1. Juli 2012 ist der Eintrag verpflichtend. Dies gilt auch für Zeitarbeitsagenturen, die Personal nach „Oranje“ vermitteln und dort keinen Sitz haben (siehe auch hier ). Initiativbewerbungen sind bei dortigen Unternehmen gern gesehen. Sie können problemlos auf Englisch verfasst werden. Es reicht zunächst, lediglich einen englischen Lebenslauf einzureichen, Abschlussnachweise und andere Zeugnisse werden für gewöhnlich beim Vorstellungsgespräch nachgereicht. Einschlägige Jobportale sind unter anderem arbeidsmarkt , intermediair , monsterboard , vacatures.telegraf , kenexa  und flipdog .

Gepflogenheiten im Arbeitsalltag

Wer schließlich einen Arbeitsplatz ergattert hat, sollte sich mit einigen wichtigen Gepflogenheiten im niederländischen Arbeitsalltag vertraut machen. Die gute Nachricht ist: Die Business-Mentalität der Niederländer ist derjenigen der Deutschen sehr ähnlich. So schätzen sie beispielsweise Pünktlichkeit sehr. Wer verspätet zu einem Termin kommt, macht keinen guten Eindruck. Derartige zeitliche Verzögerungen werden als schlechtes Zeitmanagement aufgefasst. Ebenso wichtig ist eine langfristige Planung und Vorbereitung von Terminen. Ad-hoc-Besprechungen sind in der niederländischen Geschäftskultur nicht sonderlich beliebt. Sollte sich ein Termin verschieben oder die Konstellation ändern, sollte man seinen niederländischen Gesprächspartnern genügend zeitlichen Vorlauf geben.

Dienstliche Gespräche sollten gut vorbereitet, aber niemals ausschweifend sein. Im niederländischen Businessalltag kommt man schnell auf den Punkt – alles, was nebensächlich ist, sollte außen vor bleiben. Bei Präsentationen sollten deutsche Geschäftspartner auf Superlative, die die eigene Kompetenz unterstreichen, möglichst verzichten, denn Niederländer fassen dies schnell als Wichtigtuerei und Überheblichkeit auf. Dasselbe gilt für die übertriebene Zurschaustellung von Statussymbolen wie beispielsweise teure Uhren oder protzige Autos sowie für das Bestehen auf einem Doktor-Titel. In Sachen Kleidung gilt zwar nicht immer Krawattenzwang, aber mit Anzug und Hemd bzw. ein Kostüm bei den Frauen können Deutsche nichts falsch machen.

Nicht von flachen Hierarchien täuschen lassen

In niederländischen Unternehmen sind flache Hierarchien allerorten üblich. Das bedeutet aber nicht, dass Gesprächspartner, die nicht zwangsläufig zum Führungsstab gehören, nicht mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet sind. Zudem gehen Niederländer schnell zum „Du“ über – insbesondere, wenn auf Deutsch verhandelt wird. Man sollte aber nicht den Fehler machen und dies als Freundschaftsangebot auffassen, durch das sich Verhandlungen etwa weniger hart gestalten. Grundsätzlich legt die niederländische Arbeitskultur großen Wert auf die Trennung von Berufs- oder Privatleben und ist somit der deutschen ziemlich ähnlich. Falls Geschäftspartner auch mal am Wochenende oder nach Feierabend kontaktiert werden müssen, sollte dies vorab kommuniziert werden. Oftmals finden geschäftliche Gespräche in Restaurants statt, wobei es sich empfiehlt, immer genug Geld dabei zu haben. Denn nicht automatisch wird man als Gast auch zum essen eingeladen. Üblich ist es, dass beide Parteien ihren Anteil selbst zahlen. Diese Gepflogenheit findet sich auch in dem englischen Ausspruch „Let’s go Dutch“ wieder.

Dos und Dont’s im Arbeitsalltag:

Quelle: Dieser Artikel wurde vom BDAE , Spezialist für Auslandsentsendungen, zur Verfügung gestellt.


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