Italien hat ein komplexes Sozialversicherungssystem ( previdenza sociale), das den Großteil der Bevölkerung abdeckt.
Die Sozialversicherung bietet Hilfe bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Mutterschaft, Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, und zwar in Form von Renten, Invaliditätszahlungen, Hinterbliebenen-Rente und Familienbeihilfe. Sie beinhaltet nicht den staatlichen Gesundheitsdienst ( Servizio Sanitario Nazionale/SSN), der von der allgemeinen Besteuerung finanziert wird.
Das System wird von einer Reihe von Staatsbehörden geführt, die alle zum Nationalen Institut für Sozialversicherung ( Istituto Nazionale della Previdenza Sociale/INPS) zusammengefasst werden. Sowohl alle ansässigen Angestellten, als auch alle selbstständigen Arbeiter bezahlen mit einigen wenigen Ausnahmen Sozialversicherungsbeiträge ( contributi previdenziali).
Wenn Sie bereits Angestellter ( lavoratore dipendente) sind, übernimmt Ihr Arbeitgeber alle nötigen Formalitäten, um Sie bei der Sozialversicherung registrieren zu lassen.
Die Arbeitnehmerbeiträge werden von Ihrem Arbeitgeber direkt an der Quelle, also von Ihrem Bruttogehalt, besteuert. Der Arbeitgeber übernimmt ca. zwei Drittel der Rentenbeiträge, während der dritte Teil vom Angestellten selbst bezahlt werden muss. Für alle anderen Abgaben im Rahmen der Sozialversicherung sind die Abgaben des Angestellten zu vernachlässigen. Der zu bezahlende Sozialversicherungsbeitrag eines Angestellten beträgt ca. 10% seines Bruttogehalts, während der Arbeitgeberanteil ca. 35% des Bruttogehalts des Angestellten ausmacht (was also einen Beitragsprozentsatz von 45% ergibt).
Es gibt verschiedene Beitragssätze für Angestellte sowohl in Industrie, Handel und Landwirtschaft, als auch für Arbeiter ( operai), Büroangestellte ( impiegati) und Manager ( dirigenti), die auch verschiedene Leistungen nach sich ziehen. Manager in der Industrie, die das Höchstgehalt verdienen, müssen besondere Beitragszahlungen leisten, wie zum Beispiel für Arbeitsunfähigkeit, Pension und Hinterbliebenenrente.
Selbstständige Personen, die Beiträge in Ihre eigene cassa bezahlen, sind Architekten, Steuerberater, Juristen, Ingenieure, Sachverständige, medizinische Spezialisten und andere Freiberufler. All diese müssen unterschiedlich hohe Beitragszahlungen leisten.
Die Selbstständigen, die Beiträge an das INPS zahlen, können Zeitarbeiter ( collaboratori), wie z.B. Studenten, freiberufliche Arbeiter ( indipendenti), wozu Geschäftsführer von kleinen Unternehmen, Ladenbesitzer, Händler, Farmpächter und Kleinaktionäre gehören, oder Angestellte in einem relativ neuen Industriezweig (z.B. virtuelle Unternehmensberatungen), die noch keine eigene cassa haben, sein.
Unter besonderen Umständen werden Beiträge, die nicht bezahlt wurden, vom Staat finanziert. Diese werden auch anerkannte Beitragszahlungen ( contributi accreditati) genannt. Beitragszahlungen werden zum Beispiel automatisch für die Zeit der Arbeitslosigkeit angerechnet, wenn ein Angestellter regelmäßig seine Beiträge für die Sozialleistungen ( indennità di disoccupazione) bezahlt hat. Dasselbe gilt auch für die Zeiten des Wehrdienstes, für den Mutterschutz und für krankheitsbedingte Abwesenheit (mehr als eine Woche und weniger als 12 Monate), soweit man beim INPS den notwendigen Antrag rechtzeitig gestellt hat. Der Antrag von theoretischen Beitragszahlungen während einer langen Krankheitsphase muss stets mit einem Begleitschreiben des Arbeitgebers eingereicht werden.
Wenn Sie mit einer Entscheidung, die von einem Versicherungsangestellten gefällt wurde, nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb eines bestimmten Zeitraumes Berufung einlegen, welche per Einschreiben (mit Zustellungsbescheid) verschickt werden muss. Wenn Ihre Berufung missachtet wird oder innerhalb von 90 Tagen noch keine Entscheidung getroffen ist, können Sie bei einem ordentlichen Gericht Berufung einlegen. In erster Instanz ist dies das Gericht für Arbeitsangelegenheiten ( pretore del lavoro). Die Frist hierfür beträgt drei Jahre für Rentenangelegenheiten und ein Jahr für zeitlich begrenzte Zahlungen.
Wenn Sie in einem anderen EU-Land mindestens zwei Jahre regelmäßig Sozialversicherungsbeiträge bezahlt haben und nun nach Italien kommen (zum Beispiel, um hier einen Arbeitsplatz zu suchen), sind sie für einen bestimmten Zeitraum (gemessen ab dem Zeitpunkt der letzten Beitragszahlung in Ihrem Herkunftsland) zu Sozialversicherungsleistungen in Italien berechtigt. Außerdem dürfen Sie den staatlichen Gesundheitsdienst in Anspruch nehmen.
Das Formular E106 muss von der zuständigen Behörde Ihres Heimat- (oder Herkunfts-) landes an das örtliche Sozialversicherungsbüro in Italien ausgehändigt werden. Wenn Sie Invalidenrente oder andere Sozialleistungen, die auf einer Krankheit basieren, erhalten, sollten Sie sich sehr genau darüber informieren, inwiefern die Zahlungen davon abhängig sind, ob Sie in Italien leben. In einigen Ländern gibt es gegenseitige Vereinbarungen zu Invaliditätsrechten. Sie sollten sich aber vergewissern, dass dies in Ihrem Fall auch zutrifft.
Generell gilt: Wenn Sie bei einem italienischen Arbeitgeber angestellt sind, sind Sie automatisch im italienischen Sozialversicherungssystem versichert und somit nicht verpflichtet in Ihrem Herkunftsland Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen.
Italien hat Sozialversicherungsabkommen mit ca. 40 Ländern (unter anderem alle EU-Länder, USA und Kanada), wobei es auch sein kann, dass nicht-italienische Personen zunächst im Sozialversicherungssystem Ihres Landes registriert bleiben. Die Abkommen gelten in der Regel bis zu zwei Jahre, können aber unter besonderen Umständen auch auf bis zu fünf Jahre verlängert werden. Ein bei einer US-Firma angestellter Amerikaner, der nach Italien zieht, kann zum Beispiel, aufgrund eines Sozialversicherungsabkommens zwischen den USA und Italien, noch fünf weitere Jahre seine Sozialversicherungszahlungen an die USA leisten.
Ebenso können EU-Bürger, die nach Italien ziehen, noch ein Jahr in Ihrem Herkunftsland Ihre Sozialversicherungsbeiträge bezahlen, sofern sie offiziell von Ihrem Arbeitgeber nach Italien versetzt wurden. Dieser Zeitraum kann unter unvorhergesehenen Umständen auch auf zwei Jahre erhöht werden. Für Selbstständige gilt diese Regelung auch. Spätestens nach zwei Jahren müssen EU-Bürger aber dann ein Teil des italienischen Sozialversicherungssystems werden.
Wenn Sie oder Ihr Ehegatte in Italien arbeiten, aber Ihre Sozialabgaben noch in dem EU-Land, in dem Sie früher gelebt haben, leisten, können Sie auch Ihre Sozialleistungen von diesem Land in Anspruch nehmen. Ihre Auslandszahlungen werden dann bei der Berechnung Ihres Leistungsanspruches berücksichtigt. Dies ist äußerst wichtig im Hinblick auf Ihre staatliche Rente. Wenden Sie sich für weitere Informationen an die Sozialversicherungsverwaltung Ihres Herkunftslandes.
In Großbritannien finden Sie Informationen in den zwei Broschüren Social Security For Migrant Workers und Your Social Security, Health Care And Pension Rights In The European Community (SA29), beide erhältlich beim Department of Social Security, Contributions Agency, Newcastle-upon-Tyne NE98 1YX, UK (Tel. +44 (0)191-213 5000).