Die Grundsteine für Italiens gegenwärtiges Bildungssystem wurden 1946 gelegt, als das Land eine parlamentarische Republik wurde. Seitdem gewährleistet der Staat freie Bildung auf allen Ebenen, von der Vorschule bis zur Universität.
Der staatliche Sektor ist das Rückgrat des italienischen Bildungssystems und die Mehrzahl der Schüler und Studenten besucht staatliche Schulen und Universitäten. Das Bildungssystem ist in verschiedene Etappen unterteilt: Vorschule, Grundschule, Sekundarstufe I und II, Höhere Bildung und Weiterbildung. Der staatlich finanzierte Bildungssektor ist auch kostenlos für Kinder von Ausländern, die in Italien leben, unabhängig davon, ob sie als Einwohner registriert sind.
Alle Kinder zwischen 6 und 16 Jahren sind in Italien schulpflichtig (scuola dell’obbligo). Nach dem 16. Lebensjahr bleibt zwar die Ausbildung weiterhin frei, aber eine Einschreibungssteuer (tasse d’iscrizione) von etwa €20 muss zu Beginn jedes Schuljahres erstattet werden. Für Universitätsstudenten beträgt diese Steuer etwa €130. Die Universitätsausbildung ist auch für ausländische Studenten kostenlos und es gibt keine Zulassungsbeschränkungen. Nicht-EU Studenten benötigen allerdings ein Studentenvisum.
Gute Qualifikationen spielen in Italien eine große Rolle, da nur sehr wenige Schulabgänger direkt in einen Beruf einsteigen, ohne auf einen Universitätsabschluss oder eine berufliche Qualifikation hin zu studieren. Italien hat daher eine der höchsten Studentenraten der Welt. Dennoch ist die Anzahl der Studenten, die einen Universitätsabschluss oder das Abitur erlangen, gering im Vergleich zu anderen EU-Ländern.
Zwei Gründe dafür sind zum einen das sehr traditionelle (und strenge) Bildungssystem und zum anderen die sehr lange Studiendauer von etwa sieben bis acht Jahren, was zu einer hohen Studienabbrecherquote führt: nur einer von drei Studenten schließt am Ende die Universität ab. Aufgrund des sehr fordernden Lehrplanes aber, wird der Standard der schulischen und universitären Qualifikationen in Italien als sehr hoch erachtet, weshalb Qualifikationen, die im Ausland erworben wurden oft nicht anerkannt werden oder nicht mit den italienischen gleichgestellt werden.
Lehrplan und Prüfungsbestimmungen in staatlichen Schulen werden vom Ministerium für Bildung (Ministero della Pubblica Istruzione) in Rücksprache mit dem Nationalen Bildungsrat, einem Beratungsgremium, festgelegt. Das Ministerium wird auf regionalem Niveau von „Superintendenturen“ (sovrintendenze scolastiche) vertreten. Italien ist in Schulbezirke aufgeteilt (distretti) die von lokalen Bildungsbehörden reguliert werden. Theoretisch müsste dieses zentralisierte System den gleichen Standard im ganzen Land garantieren, doch in der Praxis herrschen beträchtliche Unterschiede zwischen denen als überlegen angesehenen Schulen im Norden und denen im Süden. (Die Analphabetenrate liegt offiziell bei 1,5% doch in der Realität liegt sie weit über dieser Zahl und ist hauptsächlich auf den Süden konzentriert).
In den letzten Jahren wird immer mehr Verantwortung auf die regionale Eben übertragen, so dass die Schulen in ihren Lehrplänen einen gewissen (jedoch begrenzten) Freiraum haben. Seit 2000 sind die Schulen auch für ihre eigenen Finanzen zuständig.
Da die Kurse und Fächer an Schulen und Universitäten hauptsächlich vom Bildungsministerium bestimmt werden, sind sie nicht auf die Bedürfnisse der einzelnen Schüler zugeschnitten. An Universitäten hat der Student zwar durch eine individuelle Zusammenstellung der Kurse einen gewissen Grad an Entscheidungsfreiheit, dennoch wird aber immer öfter bemängelt, dass das Bildungssystem viel zu wenig Freiraum für Selbstausdruck und Selbstentfaltung lässt. Die Lehrmethoden, zu viel Wert auf das reine Auswendiglernen legen, werden auf allen Niveaus als zu altmodisch kritisiert.
Die strikte Befolgung des Lehrplans in staatlichen Schulen, mit den meist standardisierten Lehrbüchern, sichert zwar einen gewissen Grad Bildungsstandards, aber ist nicht geeignet für etwas langsamere Lerner. Ein lange geforderte Forderung in Italien ist daher die Einführung von mehr Flexibilität im italienischen Schulsystem. In den letzten zehn Jahren ist tatsächlich eine Ausweitung des Lehrplans sichtbar, die hauptsächlich der Einführung von experimentellen Klassen (classi sperimentali) zu verdanken ist, die auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen.
Der Fortschritt eines Kindes wird an den jährlichen Bewertungen bemessen, die wiederum auf den Prüfungen und ständigen Tests basieren. Schriftliche Klausuren finden jedes Halbjahr statt und mündliche Tests (interrogazioni) sind dem Lehrer überlassen. Das kann für ausländische Schüler, die möglicherweise nur an das schriftliche Überprüfungsverfahren gewohnt sind, anfänglich ein relativ großer Schock sein. Die Wichtigkeit von mündlichen Tests nimmt an Universitäten sogar noch zu und die meisten Examen werden mündlich durchgeführt.
Um ein zufriedenstellendes Ergebnis in allen Fächern zu erreichen und am Ende jedes Zyklus' auch erfolgreich die Abschlussklausuren zu bestehen, müssen die italienischen Schüler von Anfang an konsequent lernen. Hausaufgaben (compiti) gibt es von der Grundschule aufwärts, und die Menge nimmt von Jahr zu Jahr zu (die Eltern nehmen sich in der Regel sehr viel Zeit, um ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen).
Informationen zu italienischen Schulen und Universitäten sind in italienischen Botschaften und Konsulaten in Ihrem Heimatland erhältlich, in ausländischen Botschaften in Italien sowie beim Ministerium für Bildung, Ministero della Pubblica Istruzione, Viale Trastevere, 76/a, 00153 Rome (06-58491,www.pubblica.istruzione.it ). Informationen zu den örtlichen Schulen erhalten Sie in den Rathäusern (comune) und von den lokalen Bildungsbehörden (provveditorati), sowie auf der Webseite des Ministeriums, das eine Liste von Namen und Adressen aller staatlicher Schulen und einiger Privatschulen zur Verfügung stellt (klicken Sie auf Anagrafe Scolastica).