Feste und Bräuche eines Landes orientieren sich vielfach am Kirchenkalender. So ist es auch in Österreich.
Natürlich können an dieser Stelle nicht alle landes- und regionaltypischen Traditionen aufgezeigt werden, das würde bei weitem den Rahmen sprengen. Aber einige Besonderheiten, die uns als waschechte Westfalen sofort ins Auge gesprungen sind, sind es sicher wert, hier aufgenommen zu werden.
Fängt man den Festereigen im Januar nach Neujahr an, so war uns bislang unbekannt, dass Kinder von Tür zu Tür gehen, um mit einem kleinen Geschenk ein gesundes neues Jahr zu wünschen. Eine nette Geste, die uns sehr gefreut hat.
Ein besonderes Augenmerk sollte man als Nicht-Österreicher auch auf die Faschingszeit werfen, in der in vielen noch so kleinen Orten noch immer Faschingsumzüge veranstaltet werden. Ausgelassen auf der Straße feiert man in Vorarlberg beispielsweise von Bregenz bis tief ins Montafon hinein fast vier Wochen lang. Viel mehr Veranstaltungen wird es sicher auch in den Karnevalshochburgen Köln und Düsseldorf nicht geben. Natürlich ist man hier der alemannischen Fastnachtstradition verpflichtet, die sich durch ganz besondere Bräuche auszeichnet.
Als nächster Höhepunkt, meist um den ersten Fastensonntag herum, steht das „Funkenverbrennen“ auf dem Plan. Diese Feuerbräuche gibt es hauptsächlich in Westösterreich, in Tirol und Vorarlberg also. Sehenswert ist das Spektakel auf jeden Fall, denn der meterhohe Scheiterhaufen, der jedes Mal von fleißigen Helfern aufgeschichtet wird, brennt wie Zunder. Das Spektakel zieht die ganze Bevölkerung auf die Straße und hat oftmals richtige Volksfeststimmung zur Folge. Selbst in Wien kennt man heute das Funkenverbrennen, denn die Funkenzunft Brederis aus Rankweil lädt Jahr für Jahr unter dem Motto „Vorarlberger Funken in Wien“ auf die Himmelswiese ein. Die Veranstaltung findet jeweils am dritten Fastensonntag ab 17 Uhr statt.
Auch die Bräuche rund um die Osterfeiertage sind so vielfältige wie die österreichischen Dörfer selbst. Am Palmsonntag werden Palmstangen in Kärnten und Prangstangen in Niederösterreich geschmückt. Anderorts sind Palmwedel zur Hand, die je nach regionalen Gegebenheiten aus sieben oder neun Kräutern gebunden werden und um die es in manchen Orten Oberösterreichs regelrechte Wettbewerbe nach dem Motto „Wer hat den schönsten Palmbusch“ gibt.
Sicherlich kennt man in Österreich auch das Osterfeuer, aber es wird eben nicht überall entzündet. In Salzburg kennt man die Tradition, dass Kinder das Feuer in die Häuser holen, weil das Segen bringen soll. Im Kärntner Lavanttal brennt man zu Ostern um Mitternacht auf den Hügeln wahre Freudenfeuer ab.
Besonders hervorzuheben sind sicher auch die Sonnwendfeiern, die zwischen dem 21. und 24. Juni abgehalten werden. Oftmals werden dann Feuer auf den Berghängen entzündet, die weit sichtbar sind.
Während man in Deutschland immer noch einen „negativen Beigeschmack“ hat, wenn man an das Thema Sonnwendfeiern denkt und sie jedes Mal mit rechtsradikalem Gedankengut in Verbindung bringt, ist man in Österreich frei von solchen Überlegungen. In diesem ganz speziellen Fall kann man sehen, dass in Deutschland die nationalsozialistische Gewaltherrschaft noch bis heute ihren Nachklang findet, denn die Nazis waren es ja, die die traditionellen Sonnwendfeiern in Deutschland zu stilisierten nationalen Veranstaltungen der „Volksgemeinschaft“ machten, um die Massen ideologisch zu beeinflussen.
Im Dezember bereitet man sich dann auch in Österreich auf das bevorstehende Weihnachtsfest vor. Sicher kennt man auch hier den Nikolaus, den Bischof von Myra, der den Kindern am Nikolaustag kleine Geschenke macht. Allerdings wird der heilige Mann auf seiner Tour durch die Häuser nicht von Knecht Ruprecht begleitet, sondern vom Krampus, einer pelzigen Teufelsgestalt, die tatsächlich furchteinflößend ist. Allerdings gibt es inzwischen Bestrebungen, die Nikoläuse und deren Güte mehr in den Vordergrund zu stellen als das Angstmachen durch den Krampus.
Wie in Deutschland gibt es auch in Österreich gesetzliche Feiertage, die der arbeitenden Bevölkerung und den Schülern einen freien Tag bescheren.
Karfreitag, da werden sich sicher einige wundern, ist in Österreich kein gesetzlicher Feiertag. Karfreitag gilt in der evangelischen Kirche als höchster Feiertag des Kirchenjahres - allerdings gehören nur fünf Prozent aller Österreicher der evangelischen Kirche an. Für sie ist an diesem Tag aber arbeitsfrei. Die mehrheitlich katholischen Österreicher müssen an diesem Tag tatsächlich zur Arbeit gehen.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus Leben und Arbeiten in der Österreich.