Schule

Das österreichische Schulsystem

Die Schulsysteme in Deutschland und in Österreich sind grob vergleichbar, zumindest was die Ausbildung in den ersten acht Schuljahren betrifft. Anschließend erfolgt in Österreich eine weitaus berufsspezifischere Qualifizierung der Schülerinnen und Schüler als in Deutschland, wo Schüler der neunten und zehnten Klassen sich allenfalls durch Praktika in Betrieben einen Überblick über ihren späteren Berufsweg verschaffen können.

Über die Qualität der Ausbildung sagt das natürlich noch wenig. Vielleicht ist es ein hilfreich, einen Blick in die PISA-Studien zu werfen, die ja vor allen Dingen in der Bundesrepublik Deutschland seit ihrer ersten Veröffentlichung hohe Welle geschlagen hat. Bei dieser internationalen Schulvergleichsstudie, an der sich im Jahr 2000 weltweit 31 Staaten beteiligten, landete Österreich auf Platz zehn - Deutschland aber nur auf Platz 21.

Natürlich heißt das nicht, dass in Deutschland alle Schulen schlecht, in Österreich alle gut sind, nein, da muss man schon dif­ferenzierter schauen.

Eingeschult werden die Kinder in Österreich in der Regel mit sechs Jahren. Stichtag ist der 31. August. Auf Antrag können aber auch schon Kinder eingeschult werden, die zum Stichtag noch fünf Jahre alt sind, in Kürze aber das sechste Lebensjahr vollenden und die nötige Schulreife haben.

In Österreich sieht man übrigens wenig i-Dötzchen an ihrem ersten Schultag mit der Schultüte zur Schule gehen. Dieser Brauch wird im Land kaum gepflegt, auch wenn sich seit einiger Zeit einige Ge­schäfte mit fertig gepackten Schultüten darum bemühen, Eltern zum Kauf einer Schultüte zu animieren. Als unsere Tochter eingeschult wurde, hielten von zwölf Kindern gerade einmal zwei eine Schultüte im Arm.

Volksschule

Die Volksschule dauert in Österreich - vergleichbar mit der Grund­schule in Deutschland - vier Jahre. Hier werden die Grundlagen für ein erfolgreiches Schulleben gelegt. Noten gibt es übrigens von der ersten Klasse an. Das österreichische Schulrecht kennt allerdings nur fünf Noten (sehr gut, gut, befriedigend, genügend und nicht genügend). Auf die Note „ungenügend“ verzichtet man.

Der Lehrplan sieht ähnlich aus wie an einer deutschen Grund­schule. Im Jahr 2000 gab es eine Lehrplanreform, so dass im Grundunterricht nun die vier Kulturtechniken Lesen, Schreiben, Rechnen und die Suche und Aufbereitung von Informationen unter­richtet wird. Hinzu kommen Werken, Religion und Leibesübungen sowie freiwillige Angebote der Schulen wie bildnerisches oder musisches Gestalten, unverbindliche Englisch-Übungen oder Inter­essen- und Begabtenförderung. Der Grundunterricht wird in der Regel von einem Lehrer unterrichtet, in den „Nebenfächern“ kommt dann häufig weiteres Lehrpersonal in die Klasse.

Besucht werden muss die Volksschule, die „sprengelnah“ liegt, also nah zum Wohnort des Kindes. Soll - vielleicht aus beruflichen Gründen der Eltern - eine sprengelfremde Volksschule besucht werden, so geht das nur auf Antrag bei der jeweiligen Gemeinde­verwaltung. Kinder mit besonderem Förderungsbedarf werden - genau wie in Deutschland - an Sonderschulen unterrichtet.

Zum Schuljahresbeginn 2006/2007 hat sich an österreichischen Schulen einiges geändert: So wurde generell die Fünftagewoche eingeführt und das Lernen noch mehr unter individuelle Ge­sichtspunkte gestellt. „Starke fordern, Schwache fördern“, lautet nun die Devise. Auch wer ein lernstarkes Kind hat, darf sich nicht wundern, wenn es eines Morgens vom Volksschullehrer zum „Förderunterricht“ gebeten wird. Dann nämlich erhält es Aufgaben und individuelle Zeit mit dem Klassenvorstand, wie die Klassen­lehrer genannt werden, um eben jene Stärken zu fordern, durch die sich das jeweilige Kind auszeichnet.

Zudem ist man in Österreich noch immer darum bemüht, Volks­schulen auch in kleinen Gemeinden zu erhalten. Zwergenschulen gibt es beispielsweise in Vorarlberg noch so einige, Schulen also, in denen manchmal nur zehn Schüler in vier Klassenstufen unter­richtet werden. Gerade Lernanfängern möchte man in den ersten Jahren lange Wege ersparen und sie im Dorf aufwachsen sehen, in einem Umfeld also, das die Kinder kennen und das ihnen oft nicht einmal fremd ist, denn viele örtliche Kindergärten und Schulen, gerade in den kleinen Dörfern, teilen sich oft ein Gebäude.

Weiterführende Schulen

Nach der Volksschule steht auch in Österreich die Entscheidung an: „Auf welche weiterführende Schule schicke ich mein Kind?“ Die Auswahl ist hier begrenzter als in Deutschland, darum aber nicht schlechter. Grundlegender Unterschied zwischen den beiden Ländern ist, das sei bereits an dieser Stelle vermerkt, dass die Schulpflicht in Österreich nur neun, in Deutschland aber zehn Jahre währt. Nach der Volksschule können die Mädchen und Jungen in Österreich die Hauptschule oder die Allgemeinbildende höhere Schulunterstufe eines Gymnasium besuchen.

Wer nun beim Lesen des Wortes „Hauptschule“ gezuckt hat, kann beruhigt werden. Die Hauptschule in Österreich und ihr Ruf haben bei Weitem nichts mit dem schlechten Ruf der Hauptschulen in Deutschland zu tun. Ganz im Gegenteil. Auch wer nach der Volks­schule eine Hauptschule besucht, hat durchaus gute und be­rechtigte Chancen, zum Abschluss seiner Schulkarriere die Matura (also das Abiturzeugnis) in Händen zu halten.

Nach dem Wechsel von der Volksschule zur Hauptschule erfolgt in der Regel in den ersten drei Monaten nach Schuljahresbeginn in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik eine Einstufung in eine von drei Leistungsstufen, wobei Kinder der ersten Leistungs­stufe der Hauptschulen nach dem gleichen Lehrplan unterrichtet werden wie Kinder, die die AHS-Unterstufe, also die gymnasiale Unterstufe, eines Gymnasiums besuchen.

Oft ist es gerade in ländlich strukturierten Gebieten so, dass auch begabte Kinder Hauptschulen besuchen, weil es am Ort an Gymnasien mangelt. Zum Teil sind Schulplätze an Gymnasien in der AHS-Stufe auch nur begrenzt verfügbar, sodass oftmals ein hartes Ringen um die freien Plätze stattfindet. Zur Vergabe dieser begehrten Schulplätze wird ein spezieller Notenumrechnungssatz herangezogen. Wer dabei mit einer Gesamtpunktzahl von mehr als 18 Punkten abschneidet, hat von Anfang an kaum noch eine Chance, am Gymnasium angenommen zu werden. Manchmal kann man sich dann allerdings noch einer Aufnahmeprüfung stellen.

Da in den vergangenen Jahren immer mehr Kinder die Volksschule mit guten und sehr guten Leistungen abgeschlossen haben, und die Plätze in der AHS-Stufe oft nicht reichten, ist man gerade dabei, einen neuen Vergabemodus der freien Schulplätze an Gymnasien zu entwickelt. Dann soll es verbindliche Richtlinien für alle Schulen geben. Die Schulaufsicht ist in Österreich übrigens Sache des Bundes - mit Ausnahme des Religionsunterrichts.

Die AHS-Stufe an Gymnasien wird also in der Regel von Kindern besucht, die schon in der Volksschule durch gute und sehr gute Leistungen aufgefallen sind. Die Unterstufe an Gymnasien und die Hauptschule wird von den Kindern ebenfalls vier Jahre lang be­sucht. Nach dem erfolgreichen Abschluss der achten Schulklasse dann erfolgt noch einmal eine Differenzierung. Nun können sich alle Schüler, egal welche Schulform sie zuvor besucht haben, für eine der folgenden Schulrichtungen entscheiden: die AHS-Oberstufe, die Berufsbildende höhere Schule (BHS), die Berufsbildende mitt­lere Schule (BMS) oder die Polytechnische Schule mit an­schließender Berufsschule.

Die Ausrichtung der einzelnen Schulformen ist ganz unterschied­lich. Die AHS-Oberstufe führt zur Matura nach 12 Jahren, die dann zu einem Studium an einer Hochschule berechtigt.

Berufsbildende Schulen in Österreich

Die Matura kann aber auch an einer BHS abgelegt werden, dann allerdings erst nach 13 Schuljahren. Das mag auf den ersten Blick nach einem Nachteil aussehen, ist es aber nicht, denn die BHS bietet zusätzlich noch die Möglichkeit einer Berufsausbildung an. Und genau da liegt der Vorteil – der junge Mensch hat nach der Schulausbildung nicht nur eine Zugangsberechtigung für eine Hochschule, sondern zudem auch noch eine komplette Berufs­ausbildung in der Tasche. Manche BHS-Schulen bieten aber auch eine reine Ausbildung an, die dann nur drei oder vier Jahre dauert und nicht mit der Matura abschließt.

Zudem gibt es HTL-, HAK- und HBLA-Schulen, die sich ganz be­stimmten Berufszweigen und -richtungen verschrieben haben. Wer technisch versiert und interessiert ist, entscheidet sich für eine Höhere technische Lehranstalt (HTL), wer Interesse an allen kaufmännischen Belangen hat, wird sich wohl für die Handels­akademie (HAK) entscheiden und wer weiß, dass er im sozialen Bereich, in der Mode, im Kunstgewerbe oder der Land- und Forstwirtschaft Fuß fassen möchte, der entscheidet sich nach der achten Klasse für den Besuch einer der vielen Bundeslehran­stalten. Auch dort dauert die Ausbildung in der Regel fünf Jahre und schließt mit einer Reife- und Diplomprüfung ab.

Die Berufsbildenden mittleren Schulen (BMS) dauern in der Regel drei bis vier Jahre, auch hier gibt es spezielle Schwerpunkt- und Fachrichtungen, für die sich die Schülerinnen und Schüler ent­scheiden können.

Polytechnische Schulen werden von Schülern besucht, die nach dem Ende ihrer Unterrichtspflicht direkt in das Berufsleben ein­steigen möchten. Dort wird das neunte Schuljahr absolviert, das in Österreich, wie bereits erwähnt, ja das letzte Pflichtschuljahr ist. Polytechnische Schulen vermitteln grundlegende Fertigkeiten zur Vorbereitung auf die Lehrzeit, die sich unmittelbar anschießt. Nur wer keinen Ausbildungsplatz findet, kann dann noch ein zehntes Schuljahr an der Polytechnischen Schule anhängen.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus Leben und Arbeiten in der Österreich.


www.justlanded.com © 2003-2024 Just Landed